Der griechisch-irische Regisseur Yorgos Lanthimos, bekannt für seine skurrilen und zugleich eindringlichen Filme wie “Dogtooth” und “The Lobster”, präsentierte 2017 mit “The Killing of a Sacred Deer” ein weiteres Meisterwerk des psychologischen Horrors. Die Geschichte handelt von Steven Murphy, einem renommierten Herzchirurgen, der mit seiner Frau Anna und seinen zwei Kindern in einem eleganten Haus in den Vororten lebt. Doch die Idylle wird jäh gestört, als Martin, ein mysteriöser Jugendlicher, in Stevens Leben tritt.
Martin behauptet, eine enge Beziehung zu Stevens verstorbenem Bruder gehabt zu haben und dringt beharrlich in das Familiengefüge ein. Er wirft Steven vor, ihn auf unheilvolle Weise verletzt zu haben, und droht mit grausamen Konsequenzen. Während Martin immer bedrohlicher wird und die Familie durch seine Anwesenheit zunehmend zerbricht, kämpft Steven mit Schuldgefühlen und versucht verzweifelt, den Grund für Martins Obsession zu verstehen.
Colin Farrell spielt in “The Killing of a Sacred Deer” den brillanten Chirurgen Steven Murphy mit einer Mischung aus stoischer Besonnenheit und innerer Zerrissenheit. Rachel Weisz verkörpert als seine Frau Anna die perfekte Hausfrau, die zunehmend unter dem Druck der bedrohlichen Situation leidet. Barry Keoghan überzeugt als rätselhafter Martin in einer Rolle, die gleichzeitig beängstigend und faszinierend ist.
“The Killing of a Sacred Deer” ist kein klassischer Horrorfilm mit Jumpscares und blutigen Szenen. Vielmehr baut Lanthimos eine Atmosphäre des Unbehagens auf, durch einen präzisen Aufbau der Spannung, düstere Bildsprache und eine musique concrète-artige Klangkulisse. Der Film spielt mit den Erwartungen des Publikums und wirft tiefgründige Fragen über Schuld, Verantwortung, Gerechtigkeit und die Grenzen der menschlichen Moral auf.
Die Handlung orientiert sich an einem griechischen Mythos: Die Geschichte von Agamemnon, der seinen Sohn Iphigenie opfern musste, um den Zorn der Göttin Artemis zu besänftigen. Ähnlich wie in der griechischen Tragödie steht auch Steven Murphy vor einer unmöglichen Entscheidung. Er muss sich zwischen seinem eigenen Wohlergehen und dem Schutz seiner Familie entscheiden – und die Konsequenzen sind schrecklich.
Lanthimos lässt den Zuschauer mit offenen Fragen zurück: Was genau ist Martins Beziehung zu Stevens Bruder? Handelt es sich wirklich um Rache, oder gibt es tiefere, mystische Gründe für Martins Handeln? Und wer ist letztendlich der Schuldige in dieser Geschichte?
“The Killing of a Sacred Deer” ist ein anspruchsvoller und faszinierender Film, der die Zuschauer lange nach dem Abspann noch beschäftigt. Er fordert zum Nachdenken über komplexe Themen heraus und zeigt eindrucksvoll Lanthimos’ Talent für düstere, psychologisch tiefgründige Erzählungen.
Weitere interessante Punkte:
- Visuelle Ästhetik: Der Film besticht durch eine minimalistisch-kalte Bildsprache mit vielen
engen Close-ups, die die inneren Zerrissenheit der Charaktere betonen.
- Symbolismus: Lanthimos verwendet zahlreiche Symbole, wie z.B. das Hirschengeweih oder
die geometrischen Muster, um die Themen des Films zu verdeutlichen.
- Sounddesign: Die musique concrète-artige Klangkulisse trägt zur beklemmenden
Atmosphäre bei und verstärkt den psychologischen Druck auf die Zuschauer.
Empfehlung:
“The Killing of a Sacred Deer” ist ein Film für Menschen, die nach anspruchsvollen und
geistigen Filmerlebnissen suchen. Wenn du Horrorfilme magst, die dich zum Nachdenken anregen
und dir lange in Erinnerung bleiben, dann ist dieser Film definitiv eine Empfehlung!